Samos

Sonntag, 26. Mai
Via Ikaria und Fourni geht’s jetzt nach Samos. Während der zweieinhalbstündigen Fahrt habe ich plötzlich Heimweh. Nein, nicht nach der Schweiz sondern nach Naxos, das ich am Horizont sehe. Ich freue mich enorm, dass ich noch Zeit habe kurz vorbeizuschauen. Ich komme im Süden von Samos in Pythagorio an und bekomme ein tolles Auto. Ich muss damit noch ca. 45min in den Norden nach Karlovasi fahren, wo dann am Donnerstag auch meine Fähre nach Mykonos ablegt. Zum ersten Mal sehe ich wirklich viele Flüchtlinge, meist junge Männer und ein hohes Polizeiaufkommen. Auf Kos haben wir auch schon einige gesehen, aber im Gegensatz zu hier hatte ich das Gefühl, dass sie sich frei bewegen können. Es ist schon verrückt, diesen Gegensatz zu sehen. Touristen auf der einen Seite und Flüchtlinge auf der anderen. Die einen sitzen wie die Maden im Speck, den anderen geht’s schlecht! Da stinkt was ganz gewaltig in unserem System! Das schlimmste finde ich ja, dass, laut Athina, Schulen geschlossen werden, damit die Flüchtlingskinder nicht in die Schule gehen können. Hey Leute, Augen auf! Diese Leute werden wohl hier bleiben und es wäre im Interesse aller Beteiligten ihnen eine gute Bildung zukommen zu lassen. Aber das ist ein anderes Kapitel! Und ich weiss, dass nicht alle gleicher Meinung sind. Auf jeden Fall bin ich gegen 20Uhr in Karlovasi und total müde. Essen im Hotel gibts leider nur bis 21 Uhr und so mache ich mich auf die Suche nach etwas essbarem. Lust auf eine Taverne habe ich keine und so rettet mich ein Periptero (Kiosk) mit Chips und einer Glacé. Ja, ja, ich weiss, nicht gerade gesund, aber zu mehr habe ich keine Lust mehr. Und dann, gute Nacht!
Montag, 27. Mai
Schon früh weckt mich die Sonne, da ich ein Ostzimmer bekommen habe. Es ist auch schon ziemlich schwül heute morgen. Zum Frühstück gibts ein Buffet. Mmh, ich liebe Rühreier und noch ein bisschen Speck dazu, dann brauche ich eigentlich nichts mehr. Ui, wie sehen denn die Rühreier aus! Nicht gelb, nein, ein undefinierbares Beige. Ich nehme nur wenig, zuerst versuchen und vom Speck auch nur eine Tranche. Mit Tomaten und Gurken kann ich nichts falsch machen. Also nein, so ein grusiges Rührei habe ich ja noch nie gegessen. Ob das wohl aus Eipulver hergestellt wurde? Der Speck schmeckt nach Schleimi. Bäh! Da halte ich mich lieber an Brot und Jogurt mit Honig. Aber dann kommt noch das Tüpfelchen aufs i. Ich bestelle einen Freddo Cappuccino. Die Bedienung kommt damit zurück und sagt, dass ich ihn bezahlen müsse, da ich nicht All Inclusive sei. Also die zwei Euro habe ich grad noch. Und dann stellt sie mir den Cappuccino in einem PLASTIKBECHER vor die Nase. Ich glaub’s nicht. Wir haben ein riesen Plastikproblem und dann werden in einem Hotel Plastikbecher zu Hauf benutzt. Ich fasse es nicht. Sogar im günstigsten Hotel oder in der kleinsten Kneipe habe ich den Cappuccino immer in einem Glas bekommen. Ist das denn sooo schwierig. Aber ich merke, ich rege mich auf, bin heute sowieso ein bisschen am Herummotzen. Dann fahre ich mit meinem Auto in den Südwesten der Insel. Zuerst nach Marathokampos, einem Bergdorf an den Hängen des Kerkis, dem höchsten Berg auf Samos. Ich fahre durch die engen Strassen und zum ersten Mal vermisse ich mein TomTom, das ich Thilo nach Thessaloniki mitgegeben habe. Ich verfahre mich nämlich gnadenlos und schliesslich werden die Gässchen immer enger, so dass der Verkehr mit Ampeln reguliert werden muss. Auf einem kleinen Platz wende ich und bin froh, dass ich den Weg zur Hauptstrasse wieder finde. Schnell weg hier. Dann komme ich ans Meer. Hier finde ich endlich eine gescheite Karte und dann geht’s schon einfacher. Auf Strand habe ich heute keine Lust, also fahre ich weiter durch wunderschöne Olivenhaine zu einer kleinen Kapelle. Ah, die Ruhe tut gut. Schön ist die Aussicht auf Fourni und Ikaria. Auf dem Rückweg muss ich noch tanken. Ich pläuderle noch ein bisschen mit dem Tankwart, der sichtlich Freude hat, dass mal ein Touri griechisch redet. Zu Hause muss ich mich gleich ausruhen, das war vielleicht anstrengend heute!
Dienstag, 28. Mai
Nach dem Frühstück, ohne Rühreier, dafür mit doppelseitig gebratenem Spiegelei, fahre ich noch einmal zurück nach Pythagorio. Ich möchte dort die Ausgrabungen zum Heratempel anschauen. Ich fahre zuerst durch die Berge, wobei ich Marathokampos nach meinen gestrigen Erfahrungen rechts liegen lasse. Plötzlich geht’s nicht mehr weiter. Was ist denn da los? Eine Schlange von Autos die hinter einem Lastwagen fahren, der einen Panzer der griechischen Armee transportiert. Und das durch die engen Gassen der Dörfer und durch die gewundenen Strassen der Berge. Ich geniesse es, dann muss ich nicht so schnell fahren und kann zwischendurch auch mal einen Blick nach links und rechts riskieren. Nur die Griechen haben das Gefühl, dass es schneller geht, wenn man innerhalb der Kolonne überholt. Einer riskiert sogar einen Frontalen. Die spinnen, die Griechen. Ich zweige dann rechts ab und fahre zur Ausgrabungsstelle. Natürlich verfahre ich mich vorher und lande am Flughafen. So ein Zufall, von hier wäre ich weggeflogen, wenn ich, wie geplant, nur im April und Mai Urlaub gehabt hätte und zwar ganz genau heute! Natürlich haben die Ausgrabungen heute geschlossen. Ich habe mich doch noch extra informiert! Da stand Montag und heute ist Dienstag. Ist jetzt der Dienstag der neue Montag, oder was? In Griechenland sind ja die Sehenswürdigkeiten normalerweise am Montag geschlossen. Na gut, dann fahre ich halt in den Ort und gehe lädelen. Muss ja sowieso noch mein obligatorisches Armbändeli kaufen. Puuh, ist das heiss heute, bereits 29 Grad. In einem Schmuckladen werde ich sehr schnell fündig und dann sehe ich mein Lieblings-Frozen-Joghurt-Laden. Schnell rein da und bitte einen grooossen Becher mit Joghurt und Früchten. Ahhh, tut das gut! Mit einem gekühlten Magen lässts sich doch gleich leichter leben. Ich fahre noch an den östlichsten Zipfel von Samos. Tatsächlich ist hier die Türkei zum Greifen nah. Beim Heimfahren kommt mir schon wieder ein Laster mit einem Panzer hintendrauf entgegen. Werden die Panzer heute ausgeführt, oder was? Zu Hause setze ich mich dann auf den Balkon und geniesse die zehn Tropfen Regen, den Weisswein und ein paar Chips dazu.
Mittwoch, 29. Mai
Heute bin ich faul! Zuerst geniesse ich noch meinen Balkon und dann fahre ich an den Strand nach Kokkari. Alles nur grosse Kiesel. Ich rümpfe die Nase. Meine Güte bin ich eine verwöhnte Göre. Wenn’s kein Sandstrand ist, finde ich ihn nicht so toll. Naxos-Verwöhnt, sage ich nur. Ich fahre bald zurück und erkunde den Hafen, damit ich morgen weiss, wo ich das Auto abstellen muss und wo die Fähre geht. Kontrollfreak! Dann fahre ich noch zur modernen Kirche Agios Nikolaos und zum Potami Beach. Der sieht auch nicht schlecht aus. Leider ziehen Wolken auf und es windet ziemlich, so dass ich beschliesse nach Hause zu fahren. Unterwegs esse ich noch ein grosses Schoggi-Glacé für Thilo.
Donnerstag, 30. Mai
Der Himmel ist bewölkt und es ist kühler als die letzten Tage. Aber das macht nichts, die letzten Tage waren ziemlich schwül. Wieder einmal heisst es Sachen packen. Ich wiege noch einmal meinen Koffer. Hä! Ich habe doch gar nichts dazugetan, warum ist er jetzt noch ein Kilogramm schwerer geworden? Langsam zweifle ich an der Handwaage. Na dann, ich werde es spätestens am Mittwoch beim Abflug nach Genf wissen. Da meine Fähe nach Mykonos erst am Nachmittag geht, trödle ich noch herum und fahre nochmals zum Potami Strand und lese noch, bis es Zeit ist an den Hafen zu fahren. Ich kann mein Auto einfach stehen lassen und den Schlüssel unter die Matte legen. Praktisch so was. Und dann kommt sie schon, die Nissos Mykonos und holt mich ab. Einen kleinen Zwischenfall gibts dann doch noch. Offenbar wollte sich ein Flüchtling aufs Schiff schleichen und wurde entdeckt. Er wird in Handschellen abgeführt. Ich äussere mich hier und jetzt nicht weiter dazu! Pünktlich legen wir ab und in der Ferne sehe ich blauen Himmel.