Patmos

Donnerstag, 23. Mai
Jawohl, das ist Patmos. Die Gruppe Schweizerinnen, die schon in Lipsi aussteigen wollte und mich dadurch ganz durcheinander gebracht hat, steigt jetzt auch aus. Oh, was ist denn mit meinem Ohr los! Auf einer Seite höre ich nur wie durch Watte. Wird wohl von den lauten Motoren des Schiffes kommen und wenn man halt draussen sitzen will... Ich komme mir vor, als wäre ich grad in der Disco gewesen. Ich werde von Panos und einem Schnuggi, wie Thilo die jungen, hübschen Frauen nennt, abgeholt. Dem Schnuggi stinkt es ganz offensichtlich, dass sie mich abholen muss. Während der Fahrt sagt sie kein Wort. Na gut, ich kann auch schweigen. Nachdem ich mein schönes Zimmer in Besitz genommen habe, das Frühstück und den Scooter bestellt habe, muss ich mich zuerst ausruhen. Ja, so weite Reisen sind halt nichts mehr für alte Damen, vor allem, wenn sie sooo früh aufstehen müssen! Dann muss ich mir was zum Essen suchen. Zwei Minuten neben meinem Studio gibt es ein Restaurant mit einem wunderschönen Blick auf die Bucht, die Chora und den Hafen. Ich setze mich in vorderster Front hin. Zack, wie aus dem Nichts fängts zum Regnen an. Also, kehrt um, ab nach drinnen. Sieh mal einer an... mein Schnuggi arbeitet hier. Sie taut langsam auf und spätestens nachdem ich Vorspeise, Hauptspeise UND Wein bestellt habe, kriege ich immer ein strahlendes Lächeln. Offenbar hat sie mir verziehen! Dann kann ich ja jetzt beruhigt ins Bett gehen.
Freitag, 24. Mai
Ich hab’s getan! Nach einem exzellenten Frühstück bringt mir ein Autoverleiher einen Scooter vorbei. Oh, ist das ein grosses Teil. Er erklärt mir kurz, wie man ihn anlässt und schon ist er weg. Eh und jetzt? Wo ist das Gas und wie kriege ich ihn von diesem Rammbock runter? Ah ja und tanken muss ich auch noch. Wo ist die Tankstelle? Na ja, selbst ist die Frau. Kenn ich ja schon! Also Ärmel nach hinten krempeln und los, wird schon schief gehen! Also Schlüssel rein, umdrehen, drücken, Motor läuft! Tschacka! Irgendwie kriege ich ihn auch noch von dem Rammbock runter. Hey, Griff drehen und er gibt Gas. Ich kann grad noch aufspringen und los geht’s. In den Kurven noch vorsichtig und etwas wackelig erreiche ich die Tankstelle. Der junge, nette Tankwart hilft mir zum Glück, tankt für mich und hilft mir beim Anlassen. Ich fahre nach Grikos und schaue mich ein bisschen um. Schön hier, aber bald will ich weiter. Warum geht dieses vermaledeite Teil nicht an? Ich mache doch alles richtig! Nein, doch nicht. Ich habe vergessen die Bremse zu drücken. Ich kurve also im Zeugs herum und finde einfach den richtigen Weg zum Strand nicht. Ich finde einen Steinbruch, fahre auf den höchsten Gipfel und erkenne, dass es nicht ratsam ist mit dem Scooter über Steine zu fahren, wäre nämlich fast auf der Nase gelandet. Endlich finde ich den Strand mit seinem berühmten Felsen. Aber das Teil und ich sind noch keine Freunde. Vielleicht morgen?
Samstag, 25. Mai
Ich muss schon sagen, hier werde ich nach Strich und Faden verwöhnt. Da gibt es nichts mit abnehmen. Zum Glück habe ich in waiser Voraussicht meine Hosen eine Nummer zu gross gekauft, muss sie zwar mit dem Gürtel festschnallen, dafür ist es mir aber wohl. Mein Töffli habe ich schon besser im Griff und so fahre ich in die Chora hinauf. Ich muss schon sagen, es ist eine der schönsten Chora, die ich je gesehen habe. Weisse Häuser, die sich um ein Kloster drängen und eben oben das Kloster, das natürlich über allem steht. Ich gehe in das Kloster hinein und bin zum Glück richtig angezogen. Wer zuviel Haut zeigt, muss eines der Tücher anziehen, die bereitliegen. Musste ich in Thassos schon mal, aber nicht weil ich halb nackt war, sondern weil dort Frauen einen Rock tragen mussten. Na ja, nicht unbedingt mein Ding! Nach zehn Minuten habe ich alles im Schnellzug gesehen und gehe wieder hinaus. Erst danach bemerke ich, dass ich vier Euro Eintritt hätte zahlen müssen. Aber wenn keiner was sagt... und in die Hölle komme ich mit meinem Lebenswandel eh! Jetzt fahre ich zum Hafen runter und dann wird erst mal gelädelt. Oh, da gibts schöne Läden und dieses blaue Kleid... da komm ich nie im Leben rein. Aber ein bisschen träumen darf man ja. Nach Cappuccino freddo und Strawberry- Smoothie mache ich mich auf den Weg zur Nordspitze der Insel. Schön ist es hier und so einsam und ruhig. Da meldet sich ein Bedürfnis bei mir an. Sieht mich jemand, nein, keiner da. Ich muss an Simona denken und an ihre super Tipps für weibliche Bedürfnisse. Am Strand vom Kampos lese ich noch und dann folgt eine zweite Lädelirunde. Ach, dieses blaue Kleid... ich kaufe dann einen Schal, der passt um meinen Hals. Inzwischen ist auch ein Kreuzfahrtschiff angekommen. Die Passagiere stürmen regelrecht die Geschäfte. Ich fahre nach Hause, oh, ist mir schlecht. Der Cappuccino freddo, ist doch klar. Hunger habe ich überhaupt keinen, also mache ich eine Talcid-Mineralwasser-Diät.
Sonntag, 26. Mai
Die Talcid-Mineralwasser-Diät hat geholfen. Mir geht’s wieder gut. Aber ins blaue Kleid würde ich trotzdem noch nicht passen. Mein Töffli und ich werden langsam Freunde und die Kurven lege ich auch nicht mehr im Schneckentempo zurück. Die Griechen überholen mich trotzdem noch, dafür überhole ich die Velofahrer! Nun geht’s zur Höhle der Apokalypse. Hier soll Johannes das heilige Buch der Apokalypse geschrieben haben. Ein bisschen gruselig. Ich zahle brav zwei Euro Eintritt und schaue mir dann diese Höhle an. Wie schon im Kloster darf man hier keine Fotos machen. Natürlich steht und hängt überall religiöses Zeugs herum und Bilder von Heiligen hängen an den Wänden. Ihr seht, meine Religiösität hält sich in Grenzen. Da kommt eine junge Frau hinein und küsst eines dieser Bilder. Wäh, Bakterien und Viren wird’s freuen!  So, jetzt fahre ich noch an den Levkos-Strand. Nichts besonderes, viel Strandgut liegt herum. Zum Glück natürlichen Ursprungs und kaum Plastik. Dann wird’s für mich auch schon wieder Zeit ins Hotel zurück zu fahren und meine Siebensachen zu packen. Nur so aus Neugier wiege ich mal meinen Koffer. 25,8kg. Ich glaube ich kriege einen Vogel. Woher kommt das Gewicht plötzlich? So viel habe ich doch gar nicht eingekauft. Da wird sich EasyJet beim Rückflug freuen, denn ich werde wohl Übergewicht zahlen müssen. In Naxos will ich nämlich unbedingt noch Rakomelo kaufen! Panos bringt mich zum Hafen und dann heisst es schon wieder: Bye, bye Patmos.