Naxos

Freitag, 31. Mai
Endlich wieder zu Hause. Ja, Naxos ist meine griechisches Zuhause und dementsprechend auch meine Lieblingsinsel. Ich nehme mein Auto direkt im Hafen in Empfang. Ein riesengrosser Opel Astra Kombi. Was soll ich denn mit so einem grossen Auto auf Naxos? Die Strassen sind auch hier eng und die Parkmöglichkeiten beschränkt! Na gut, ich bin jetzt einfach zu müde zum Diskutieren und will nur noch heim ins Blue Harmony. Manolis ist zur Stelle, als ich komme und dann wird zuerst mal gequatscht. Dann räume ich meinen Rucksack aus und schlafe eine Runde. Dann wird wieder gequatscht. Ich finde es ja immer lustig eine Unterhaltung auf griechisch-englisch-holländisch-berndeutsch zu führen. Manolis kann gut holländisch und wenn wir ein Wort nicht wissen, wechseln wir halt ins holländisch-berndeutsch. Ich lerne noch Leftheris kennen. Er ist ab diesem Jahr der Boy für alles. Ein lustiger und offener Typ. Meinen Hunger stille ich heute Abend bei Akrogiali in Agia Anna. Das Moussaka ist wie immer sehr fein. 
Samstag, 1. Juni
In der Früh rufe ich den Autovermieter an und sage ihm, dass ich ein anderes Auto haben möchte. Ich hätte Glück, es sei jemand abgereist und ich könne gleich dieses Auto übernehmen. Gestern hätte er eben kein kleineres mehr gehabt. Ok. Ich fahre also zum Hafen zurück und kriege einen kleinen, roten Fiat Panda. Ah, das ist schon viiiel besser. Ich fahre nach einem kurzen Frühstück los. Ich möchte nach Kalantos, einer meiner Lieblingsstrände auf Naxos und ziemlich weit zum Fahren und auch ziemlich ab vom Schuss. Schon einige Male war ich dort ganz alleine, manchmal hatte ich einen kurzen Ziegenbesuch oder einen kleinen Hund, der mir den ganzen Nachmittag treu geblieben ist. Also, los geht’s. Ich fahre zuerst nach Chalki, wo der Limettenschnaps hergestellt wird. Ich bin aber nicht wegen dem Schnaps hier! Sondern wegen einem Laden mit schönen Accessoires, der leider heute geschlossen ist und der Bäckerei. Hier gibt es feine Spanakopita, die eben nicht so fettig sind wie in anderen Bäckereien. Im Vorbeigehen kaufe ich ein Souvenir für unsere liebe Katzen-Nanny und eine Halskette mit einem Ornament aus Naxos-Marmor. In den beiden Marmorsteinbrüchen der Insel bin ich auch schon mit Thilo herumgerannt. So, jetzt weiter nach Kalantos. Nach einer weitern halben Stunde erreiche ich den Strand. Fast ganz alleine. Ein Wohnmobil aus Frankreich steht da, aber das stört mich nicht, der Strand ist gross genug. Im bin gerade im Begriff ins Wasser zu gehen, da ankert ein Segelschiff doch genau in meiner Schwimmroute. Säulirei!!! Ich bade und lese und bade und lese und... bis der ganze Nachmittag um ist. Nach einer Stunde Fahrt bin ich wieder zu Hause. Mittlerweile ist auch Kleoniki, die Frau von Manolis, auf Naxos angekommen. Jetzt geht das Gequatsche natürlich erst recht los. Wir Frauen überzeugen Manolis davon, dass es viel einfacher geht, die Mauer mit einem Hochdruckreiniger abzuspritzen als mit dem normalen Gartenschlauch. Er macht sich dann auch gleich brav an die Arbeit, während wir Frauen den Sonnenuntergang geniessen. So geht das! Um 21 Uhr verabschiede ich mich dann doch und fahre in die Chora zum Znacht. Hui, heute ist Samstag und alles ist auf der Beinen. Zum Glück ist eines der guten Restaurants etwas weg vom Meer und so habe ich noch bequem Platz und kann in aller Ruhe Znacht essen. Um Mitternacht bin ich dann wieder zu Hause, völlig vollgefuttert! Ich schwöre mir, dass ich niiie wieder etwas essen werde! 
Sonntag, 2. Juni
Ich habe mir einen Sonnenbrand zugelegt. Ausgerechnet zum Schluss meiner Reise, wo ich doch immer so darauf geachtet habe, alles einzuschmieren. Aber genau diese Stelle über der linken Schulter, bei der ich wegen meiner rechten Frozen Shoulder nicht hinkomme, hat’s erwischt. Das ärgert mich ungemein! Deshalb ziehe ich heute brav mein T-Shirt mit den etwas längeren Ärmeln an. Es windet heute sowieso ziemlich, da kann es nicht schaden. Manolis verabschiedet sich heute nach Piräus, jemand muss ja ein Auge auf seine Tochter haben, nicht dass noch ein anderer auf die gleiche Idee kommt! Kleoniki bleibt hier und hat viel zu tun. Am Mittwoch werden alle Studios auf einen Tätsch vermietet sein. Und das braucht eben viel Vorbereitung. Ich fahre heute nach Apiranthos in die Berge. Dieses Dorf wurde fast nur aus Marmor gebaut und ist deshalb auch entsprechend weiss. Normalerweise finde ich ohne Probleme einen Parkplatz, aber heute scheint hier der Bär zu steppen. So viele Touris unterwegs? Aber nein, die meisten sind Griechen, die sich zum Sonntagskaffee in den verschiedenen Tavernen treffen. Da wird geschnattert und diskutiert, natürlich auch über die bevorstehenden Wahlen anfangs Juli. Bei der Gelegenheit will man dem Tsipras einen Denkzettel verpassen, dem Verräter! Er wäre ja nicht schlecht und ein anderer wird auch nichts anderes erreichen, aber das Abkommen mit Nordmazedonien können ihm auch hier die meisten nicht verzeihen! Aber ich weiche ab. Ich kaufe im Keramikladen zwei schöne Becher ein und die Verkäuferin erkennt mich wieder. Wir schwatzen noch eine Weile und dann fragt sie mich plötzlich, ob ich nicht Lust hätte während des Sommers hier zu arbeiten. Oh, Lust hätte ich sofort und bleiben würde ich auch sofort und vor zwanzig Jahren wäre ich sicher geblieben! Aber eben, die Pflicht ruft. Ich soll es mir doch noch überlegen, vielleicht nächsten Sommer? meint die Verkäuferin. Ich fahre anschliessend noch kurz in Yria vorbei. Obwohl man nicht viel von dem antiken Tempel sieht, gefällt es mir einfach gut. Es hier so ruhig und friedlich, weit weg vom Jubel und Trubel. Am Nachmittag sitze ich in Agia Anna im Café, esse Brownies mit Glacé und lasse es mir gut gehen. Oh, ich muss ja noch das Schiffsticket für morgen kaufen. Also auf in die Chora. Bei der Gelegenheit kaufe ich auch noch mein zweitletztes Armbändeli, natürlich mit einem Naxosauge. Noch schnell Nikos informieren, wann er mich in Mykonos abholen soll und dann ab unter die Dusche und zum Znacht nach Agia Anna, wo mich ein paar angeheiterte Holländer für einen Griechen ausspionieren! 
Montag, 3. Juni
Kleoniki verabschiedet sich schon mal von mir. Sie muss in die Chora zum Einkaufen gehen und hat eine dreiseitige Liste mit dabei. Beide haben wir Pipi in den Augen. Obwohl wir uns kaum sehen, verstehen und mögen wir uns beide sehr gut. Du bist natürlich eingeladen und musst nichts bezahlen, versicherte mir Manolis gestern. Nein, mein Lieber, der Deal gilt nicht. Ich werde schon einen Weg finden, euch etwas zuzustecken. Sonst habe ich nämlich ein schlechtes Gewissen und ich möchte doch noch mehr zu euch nach Naxos kommen. Also habe ich heimlich Postkarten mit Couvert gekauft, schreibe kurz etwas drauf und stecke den Betrag ins Couvert. Für Monta und Lefteris lasse ich selbstverständlich auch etwas da. Ich behalte die Couverts noch bei mir. Nur nicht zu früh damit herausrücken, sonst wird’s noch entdeckt bevor ich abgedüst bin. Der Rucksack ist gepackt, so dass ich am Nachmittag nur noch kurz vorbeikommen muss um ihn aus dem Zimmer zu holen. Ich fahre nach Aliki in den Süden der Insel. Dort im Wasser zwischen den Steinen hatte ich schon Glück und habe Naxosaugen im Meer gefunden. Das möchte ich heute wiederholen und nehme deshalb den Schnorchel mit. Aber o weh! Als ich am Strand ankomme,  ist alles voll mit diesem blöden Seegras. Alles liegt am Strand herum und vor allem auf den Steinen im Wasser und das Meer ist ganz aufgewühlt. Das wird wohl heute leider nichts. Deshalb verbringe ich die Zeit mit lesen und schmiere mich vorsorglich zweimal mit Sonnencreme ein. Zurück im Blue Harmony habe ich noch kurz Zeit um mich frisch zu machen, die Schuhe zu wechseln und ganz wichtig, die Couverts auf den Tisch zu legen. So, das sollte klappen! Ich verabschiede mich grad von Lefteris, als Kleoniki vom Einkaufen zurückkommt. Nochmal drücken und schmatzen und dann muss ich aber definitiv los. Am Hafen mache ich noch Fotos wie eine Verrückte, das mache ich immer so, hilft irgendwie gegen den Abschiedsschmerz. Und dann legt sie auch schon ab, die Schnellfähre, die mich nach Mykonos bringt. Ich schaue noch lange Naxos hinterher, verdrücke ein paar Tränen (Sensibelchen!!!) und lasse mich dann über das heute recht wellige Meer tragen. Rauf und runter, rauf und runter... mit macht’s nichts aus. Wenn ich bei Wellengang nur nicht immer so Hunger bekommen würde!!!